Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz

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In nahezu allen Bereichen sind die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie inzwischen spürbar. Besonders betroffen sind Unternehmen, die infolge von Quarantänemaßnahmen und Schul- oder Kitaschließungen auf einzelne Arbeitnehmer verzichten müssen, da sie sich entweder in häuslicher Quarantäne befinden oder aufgrund fehlender Alternativen zu Hause ihre Kinder selbst betreuen müssen. In den Personalabteilungen stellt sich deshalb zunehmend die Frage, wie lange Arbeitnehmer und betreuende Eltern nicht arbeiten (müssen) und wie sich dies auf ihren Verdienst auswirkt. Der Gesetzgeber hat dieses Problem bereits teilweise im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt und dort in § 56 Abs. 1 unter bestimmten Voraussetzungen einen Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers, der wegen einer behördlichen Quarantäneanordnung seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben kann, vorgesehen. Die Entschädigung wird vom Arbeitgeber gezahlt und diesem wiederum vom Staat erstattet. Mit dem „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 27.03.2020 wurde nun mit dem neuen § 56 Abs. 1a IfSG eine vergleichbare Regelung für Sorgeberechtigte eingeführt, die aufgrund der vorrübergehenden Schließung von Schulen oder Betreuungseinrichtungen ihre Kinder selbst betreuen und in der Folge ebenso an der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gehindert werden. Der Anspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG besteht ab dem 30.03.2020, die Regelung soll zunächst bis zum 31.12.2020 in Kraft bleiben.

Voraussetzung der Entschädigung nach dem IfSG aufgrund Verdienstausfalls wegen Quarantäne

Maßgeblich für eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG ist, dass die Quarantäne von offizieller Seite angeordnet wurde. Zwei wesentliche Ausnahmen sind hierbei allerdings zu beachten:

  1. Wer während der Quarantäne die Möglichkeit hat, zu arbeiten (bspw. im Homeoffice), ist dazu auch verpflichtet. Da der Arbeitnehmer in diesen Fällen sodann Anspruch auf Arbeitslohn hat, kommt eine Entschädigung folglich auch nicht in Betracht.
  2. Der Anspruch auf Entschädigung entsteht ferner nicht, wenn die Arbeitszeit infolge der Anordnung von Kurzarbeit verkürzt ist, da in diesen Fällen die Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld zahlt.

Voraussetzung der Entschädigung nach dem IfSG aufgrund Verdienstausfalls wegen fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten

Entscheidend für einen Anspruch nach § 56 Ab. 1a IfSG auf Entschädigung für den Verdienstausfall erwerbstätiger Sorgeberechtigter, deren Kinder das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder deren Kinder aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen sind, ist zum einen die Schließung bzw. der Ausspruch eines Betretungsverbots von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen aufgrund behördlicher Anordnung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten sowie zum anderen die Unmöglichkeit einer anderweitigen zumutbaren Betreuungsmöglichkeit der Kinder.

Die Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch sind erforderlichenfalls vom Arbeitgeber gegenüber der zuständigen Behörde sowie folglich auch vom sorgeberechtigten Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen entsprechend darzulegen. Die Fälle der Zumutbarkeit anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten sind je nach Einzelfall zu bewerten. Zumutbar wäre danach eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit beispielweise, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung hat oder weitere Betreuungspersonen (z.B. Freunde, Verwandte) zur Verfügung stehen. Personen, die einer Risikogruppe in Bezug auf die konkrete Infektion oder Krankheit angehören, gelten nicht als „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“.

Auch hier sind folgenden Ausnahmen zu beachten:

  1. Der Anspruch auf Entschädigung entsteht nicht, wenn die Arbeitszeit des Sorgeberechtigten infolge der Anordnung von Kurzarbeit verkürzt ist, da Sorgeberechtigte, die keine Arbeitsleistung erbringen müssen, ihre Kinder in dieser Zeit betreuen können.
  2. Er besteht auch nicht, wenn eine Schließung ohnehin wegen Ferienzeiten o.ä. erfolgen würde.

Der Entschädigungsanspruch entsteht also nur dann, wenn allein die Schließung bzw. ein Betretungsverbot der Schulen und Betreuungseinrichtungen zu einem Verdienstausfall führen. Das ist allerdings beispielsweise nicht der Fall, wenn Erwerbstätige die Möglichkeit haben, anderweitig ihrer Tätigkeit bezahlt fernzubleiben oder nachzukommen (z.B. durch Abbau von Zeitguthaben/Überstunden; ggf. im Einzelfall (Rest-)Urlaub; ggf. bezahlte Freistellung zur Kinderbetreuung; ortsflexibles Arbeiten, soweit zumutbar).

Höhe des Entschädigungsanspruchs

Die Entschädigung für den Verdienstausfall für den genannten Fall der Quarantäneanordnung wird dem Arbeitnehmer in den ersten sechs Wochen in Höhe desselben gewährt, vom Beginn der siebenten Woche an in Höhe des Krankengeldes, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Als Verdienstausfall gilt dabei das Arbeitsentgelt, das den Beschäftigten bei der für sie maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung (Netto-Arbeitsentgelt) zusteht. Wichtig ist hierbei, dass der Arbeitgeber lediglich in den ersten sechs Wochen der Auszahlende ist. Für die Zeit danach muss der Arbeitnehmer selbst bei der auszahlenden Stelle den entsprechenden Antrag stellen.

Der Entschädigungsanspruch für den Verdienstausfall für den genannten Fall der fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeit wird wie folgt bezahlt: Der Arbeitgeber zahlt an den Arbeitnehmer für den betreffenden Zeitraum (taggenau) zunächst einen Betrag von 67 Prozent des durchschnittlichen monatlichen Nettogehalts der letzten drei Monate aus, wobei sich der Maximalbetrag auf 2.016,00 EUR für den vollen Monat beläuft. Er wird den Arbeitnehmern für längstens sechs Wochen gewährt. Über diesen Zeitraum hinaus besteht kein Entschädigungsanspruch.

Entschädigungszahlung für Arbeitnehmer und Erstattungsanspruch der Arbeitgeber

Der Arbeitgeber zahlt Arbeitnehmern in den ersten sechs Wochen die Entschädigung in der vorgesehenen Höhe aus. Dem Unternehmen steht sodann gegenüber dem Land ein Erstattungsanspruch in gleicher Höhe zu. Es wird überwiegend vertreten, dass im Corona-Krankheitsfall Entgeltfortzahlungsansprüche dem Entschädigungsanspruch vorgehen, auch wenn nicht die Erkrankung der Grund des „Nicht-Arbeitens“ ist, sondern die behördliche Anordnung, zumal eine Infektion einen milden Krankheitsverlauf nehmen oder einer Erkrankung noch eine Quarantänezeit folgen kann, in welcher der Arbeitnehmer eigentlich wieder arbeitsfähig wäre. Ob sich diese Ansicht letztlich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten und wäre im Einzelfall zu prüfen.

Frist für Antragstellung

Die Erstattung erfolgt nur auf Antrag, den der Arbeitgeber gegenüber der zuständigen Landesbehörde aktiv stellen muss. Der Antrag auf Erstattung von aufgrund einer Quarantäneanordnung gezahlten Entschädigungsleistungen nach § 56 Abs. 1 IfSG ist gemäß § 56 Abs. 11 IfSG spätestens binnen einer Frist von drei Monaten nach Beendigung der Quarantäne zu stellen. Im Falle von Zahlungen wegen fehlender Betreuungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1a IfSG ist eine Antragsfrist gesetzlich nicht geregelt. Teilweise wird hierzu vertreten, dass auf das Verfahren zur Erstattung bei Quarantäneanordnungen zurückzugreifen sei, weshalb die dortige Frist von drei Monaten vorsorglich im Blick behalten werden sollte. Zwar können die Anträge bereits vorab eingereicht werden, jedoch wird behördlicherseits empfohlen, den Erstattungsantrag für Entschädigungen wegen Verdienstausfalls infolge fehlender Kinderbetreuung erst nach Ablauf der verordneten Schließzeit der Schule oder der jeweiligen Betreuungseinrichtung zu stellen, um eine rasche Bearbeitung nach Eingang des Antrags sicherstellen zu können. Als Begründung hierfür wird angeführt, dass für die Berechnung des zu erstattenden Entschädigungsanspruches ein genau definierter Zeitraum der Schließung Voraussetzung ist. Ist der Arbeitgeber jedoch in der Lage, den sechswöchigen Zeitraum eigenständig zu berechnen, sollte nach unserem Dafürhalten der Erstattungsantrag bereits nach Verstreichen dieses sechswöchigen Zeitraums gestellt werden, spätestens jedoch innerhalb der Drei-Monats-Frist gem. § 56 Abs. 11 IfSG, um eine mögliche Fristversäumnis zu vermeiden. Es besteht zudem die Möglichkeit, die Gewährung eines Vorschusses zu beantragen, der allerdings ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist, wenn der endgültige Leistungsanspruch geringer ausfallen sollte.

Fazit

Mit der (jedenfalls vorübergehenden) Anpassung des IfSG auch für die Kinderbetreuung bei fehlenden Alternativen infolge einer Schließung von Schulen und Kindertagesstätten hat der Gesetzgeber reagiert und die Frage der Fortzahlung der Vergütung für diese Zeiten anstelle der bislang praktizierten und kaum zu überblickenden Einzelfallrechtsprechung einheitlich gelöst. Gleichzeitig wurde im Ergebnis eine den Quarantäneanordnungen vergleichbare Regelung getroffen, welche die Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmer in der ohnehin schon angespannten Situation finanziell entlastet.

Wichtig ist sowohl für Entschädigungen aufgrund Quarantäneanordnung als auch infolge von Schul- und Kitaschließung, dass die entsprechenden Anträge bei den zuständigen Behörden rechtzeitig vom Arbeitgeber eingereicht werden, um die Erstattung der bereits vorgeleisteten Entschädigung zu erhalten.

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