Nudging statt Zeigefinger – Wie können wir in Krisenzeiten Mitarbeiter motivieren?

Kategorie: Allgemein, Motivation

Die aktuelle Situation stellt uns ungebeten vor große Herausforderungen. Wirtschaftlich, gesundheitlich und gesellschaftlich betreten wir Alle Neuland. Selbst erfahrene Industriekapitäne tun sich aktuell schwer, ihren Mannschaften eine positive Orientierung zu vermitteln. In der Folge sind die Gedanken vieler Mitarbeiter von Sorge, Unsicherheit und Angst um die persönliche Zukunft geprägt.
Zusätzliche Brandbeschleuniger sind die unermüdliche Berichterstattung in allen Medien und eine ständig veränderliche Faktenlage. Umso wichtiger ist es, Führungskräften jetzt ein Werkzeug an die Hand zu geben, um die emotionale Abwärtsspirale in den Köpfen der Mitarbeiter aufzuhalten. Hier bietet sich das sogenannte Nudging als mögliches Instrument an.

Beim Nudging handelt es sich um sanfte Anreize und Anregungen, die das Verhalten positiv beeinflussen. In vielen Alltagssituationen, besonders jedoch in Momenten starker Anspannung, greifen wir Menschen statt auf Logik verstärkt auf unser Unterbewusstsein zurück und handeln voreingenommen. An dieser Stelle setzt das Nudging an. Durch geschickte Unterstützung schaffen es Führungskräfte, ihr Team gezielt zu inspirieren. So gelingt es, die Mitarbeiter systematisch zu entwickeln, zu fördern und zu belohnen.

Die wissenschaftliche Grundlage für das Nudging beruht auf den Arbeiten des Wirtschafts-Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann. Seine Forschungen haben offengelegt, auf welche Weise unser Gehirn Entscheidungen steuert. Ein Großteil unserer Entschlüsse fällt unbewusst. Aus Effizienzgründen werden nur wenige Entscheidungen durch rationale Abwägung von Fakten getroffen. Hinzu kommt eine Verzerrung der eigenen Wahrnehmung. Wir Menschen filtern bewusst jeden Tag Informationen aus dem Gesamtkontext und treffen dann Entscheidungen auf einer fälschlichen Grundlage.

Im Firmen-Kontext macht es das Zusammenspiel von unbewusster Risikoaversion und Wahrnehmungsverzerrung schwer, die für den Unternehmenserfolg so wichtigen Verhaltensweisen zu stimulieren: Innovation, Transformation und Evolution. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen darüber hinaus, dass unser Gehirn von kurzfristigen Gewinnen weit besser motiviert wird als von höherwertigen, doch langfristigen Belohnungen. Es gilt daher, den Sinn und Zweck der Arbeit aufzuzeigen und weitere direkt erfahrbare Vorteile zu entwickeln: Autonomie, Respekt, Fairness, Einbeziehung in Entscheidungen, Anerkennung von Leistungen und die Entwicklung der eigenen Kompetenz.

Vor diesem neurowissenschaftlichen Hintergrund rentiert es sich, autokratische Führungsmethoden abzulegen und durch achtsames Anstupsen zu ersetzen. Mitarbeiter, die sanft an die Vorteile des richtigen Verhaltens erinnert werden, überwinden ihre kognitiven Hürden leichter.

Es geht beim Nudging nicht um Manipulation, sondern um die positive Anregung. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter beispielsweise, Aufgaben mit hoher Priorität zu den Tageszeiten zu planen, an denen sie persönliche Spitzenleistung erzielen. Für viele von uns sind das die frühen Morgenstunden. Steigern Sie die Produktivität und Ausdauer, indem Sie Ihre Mitarbeiter dazu motivieren, sich 60- bis 90-minütige, nicht unterbrechbare Arbeitssitzungen im Kalender fest einzuplanen. Zwischen den Blöcken lockert ein Spaziergang oder eine Kaffeepause den Geist.

Nudging ist die Kunst der letzten Meile. Gelingt das Stupsen perfekt, dann lassen sich damit spektakuläre Verhaltensänderungen erzielen. Setzen Sie Prioritäten für das Lernen und die Innovation, dann schaffen Sie die besten Voraussetzungen. Gestalten Sie auch den Arbeitsplatz sorgfältig. Gerade jetzt müssen Unternehmen innovativ sein, um zu überleben. Schneller und öfter als je zuvor. Sanfte Erinnerungen sind dabei eine wirkungsvolle Unterstützung.

Wir Menschen besitzen viele Gemeinsamkeiten, daher ist das freundliche Anstupsen nahezu universell einsetzbar. Auf der anderen Seite sind Firmen und die jeweilige Marktsituation sehr unterschiedlich. Welche Probleme und Verhaltensweisen in Ihrem Firmenkontext mit Nudging optimal adressierbar sind, das zeigt eine genaue Untersuchung. Sie legt offen, wie sich Ihre Mitarbeiter in verschiedenen Situationen verhalten, warum sie etwas tun und wie Sie eine positive Veränderung erzielen.

McKinsey Deutschland hat in 2019 untersucht, was Nudging im Unernehmensalltag bewirkt. Die Studie wurde in enger Zusammenarbeit mit 14 Fach-Experten erarbeitet, darunter prominente Verhaltensökonomen wie Daniel Ariely. Herausgekommen sind dabei wichtige Erkenntnisse für alle, die das Thema Nudging interessiert.

Wer Nudging in seinem Unternehmen einführen möchte, sollte zunächst die Frage klären, ob allein die Mitarbeiter oder auch Kunden motiviert werden sollen. Je nach Antwort kann es sich lohnen, eine Nudging-Einheit in der Nähe des Marketings oder der Personalabteilung zu platzieren. Synergien ergeben sich auch mit hausinternen Datenspezialisten oder einer eventuell existierenden Forschungsabteilung.

Für kleinere Unternehmen bietet sich eine Zusammenarbeit mit externen Spezialisten an. Da Nudging auf verhaltensökonomischen Grundlagen beruht, kommt dabei das gebündelte Fachwissen von Ökonomen, Psychologen und Datenanalytikern zum Tragen.

Erfolgreich sind Nudging-Kampagnen vor allem dann, wenn sie von großer firmeninterner Transparenz begleitet sind. Ein gutes Mittel dafür sind Workshops, denn sie schaffen Offenheit und eine gemeinsame Sprache, mit der die neuen Methoden für alle positiv erfahrbar werden.

Fazit

Zusammenfassend ist klar, das Nudging wirksam und nachhaltig ist, doch selten über Nacht funktioniert. Es ist daher sinnvoll, sich im Alltag an kleinen Dingen zu üben. Testen Sie beispielsweise die oben genannten unterbrechungsfreien Arbeitszeiten aus. Den Erfolg messen Sie an der sich ändernden Stimmung Ihrer Mitarbeiter. Kehren Ruhe und Lächeln ein, dann sind Sie auf dem richtigen Weg.

Weitere Infos unter: https://www.mckinsey.com/business-functions/organization/our-insights/lessons-from-the-front-line-of-corporate-nudging

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