Das deutsche Urlaubsrecht befindet sich seit Jahren im Umbruch. Dieser Umbruch basiert auch auf der Vielzahl von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, die sich auf das deutsche Urlaubsrecht auswirkt. Nachfolgend möchten wir einige ausgewählte Rechtsfragen erörtern:
Urlaubsantrag
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer Erholungsurlaub zu gewähren. Die Art und Weise der Urlaubsbeantragung obliegt prinzipiell der Entscheidung des Arbeitgebers. Bereits aus Beweisgründen sollte der Urlaubsantrag des Arbeitnehmers zumindest die Textform (z.B. E-Mail) wahren. Gleiches gilt auch für die Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber.
Kein Recht auf Selbstbeurlaubung
Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubsantrag des Arbeitnehmers – berechtigter- oder unberechtigterweise – ab, steht dem Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurteilung zu. Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt ist geeignet, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer fristlosen Kündigung nach sich zu ziehen. Es besteht für den Arbeitnehmer jedoch die Möglichkeit, den abgelehnten Urlaub im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens durchzusetzen. Da ein Arbeitnehmer den geplanten Urlaub regelmäßig aufgrund der Dauer eines regulären Gerichtsverfahrens nicht vor dessen Beginn durchsetzen können wird, verbleibt ihm letztlich lediglich die Durchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Einseitige Urlaubsgewährung und -ablehnung
Bei Festlegung des Urlaubs hat der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Äußert der Arbeitnehmer keine Wünsche, kann der Arbeitgeber den Urlaub einseitig festlegen. Akzeptiert der Arbeitnehmer den durch den Arbeitgeber festgelegten Urlaubszeitraum, gilt der Urlaubsanspruch als erfüllt.
Ein Arbeitgeber darf einen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer rechtfertigen eine Ablehnung des Urlaubsantrags allerdings regelmäßig nur, wenn nicht jeder Urlaubswunsch erfüllt werden kann. Dringende betriebliche Gründe sind ebenfalls nicht bereits gegeben, wenn leichte Störungen des Betriebsablaufs zu erwarten sind. Klassische Konstellationen, die eine Ablehnung aus dringenden betrieblichen Gründen rechtfertigen können, sind etwa die Eigenart der Branche (z.B. Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels) oder auch die Unterbesetzung aufgrund von hohem Krankheitstand.
Gewährung halber Urlaubstage
Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch auf die Gewährung von vollen Urlaubstagen, da das Bundesurlaubsgesetz vom Tagesprinzip ausgeht. Durch Gewährung halber Urlaubstage läuft der Arbeitgeber demnach Gefahr, dass die halben Urlaubstage mangels Erfüllung erneut eingefordert werden. Dies gilt nach aktueller Rechtsprechung des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub. Etwas Anderes kann im Einzelfall gelten, wenn dem Arbeitnehmer noch ein Bruchteil von einem Urlaubstag zusteht. Ein solcher Bruchteil eines Urlaubstages kann im Falle von Teilurlaubsansprüchen gem. § 5 BurlG in Betracht kommen. Diese Vorschrift regelt, ob und in welcher Höhe sich Urlaubsansprüche ergeben, wenn das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Kalenderjahr hindurch besteht. § 5 Absatz 2 BurlG sieht vor, dass halbe Urlaubstage auf volle Urlaubstage aufzurunden sind. Besteht ein Bruchteil aber aus weniger als einem halben Tag, ist dieser Bruchteil entsprechend seiner Höhe zu gewähren.
Voller Jahresurlaub
Im Falle der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses bzw. dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis während des laufenden Kalenderjahres hängt die Frage der Höhe des Urlaubs von der Dauer der Beschäftigung während des Kalenderjahres ab. Besteht das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate, d.h. mindestens sechs Monate und einen Tag, erwirbt der Arbeitnehmer seinen vollen Jahresurlaub. Nimmt der Arbeitnehmer etwa am 1.1. eines Jahres sein Arbeitsverhältnis auf und scheidet am 31.07. desselben Jahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, steht ihm sein voller Jahresurlaub und nicht nur 7/12 seines Jahresurlaubs zu.
Erkrankung während des Urlaubs
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs, ist ein Arbeitgeber verpflichtet, die Urlaubstage, an denen der Arbeitnehmer nachweislich arbeitsunfähig erkrankt war, nachzugewähren. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber hierfür ein ärztliches Attest vorzulegen. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Urlaub im unmittelbaren Anschluss an den ursprünglichen Urlaub nachzugewähren. Vielmehr gelten hier die allgemeinen Regelungen.
Verfall von Urlaub
Eine wesentliche Änderung der Rechtsprechung der letzten Jahre betrifft den Verfall von Urlaub. Nach deutschem Recht verfällt der Urlaub zum Ende eines Kalenderjahres. Eine Übertragung auf das Folgejahr findet nur statt, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Nach aktueller Rechtsprechung verfällt der Urlaub nunmehr nur noch zum Ende eines Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer individuell über seinen Urlaubsanspruch informiert hat. Diese Information muss auch den Hinweis enthalten, dass der Urlaub untergeht, wenn er nicht rechtzeitig genommen wird. Sofern der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nicht nachkommt, wird ein Urlaubsanspruch grundsätzlich unbeschränkt auf die Folgejahre fortgeschrieben.