„Einzelpersonen sind der Digitalisierung nicht gewachsen“

Kategorie: Allgemein, Recruiting

Geschäftsführer der Headgate GmbH Tim Oldiges gab ein exklusives Interview für www.top-familybusiness.com, einem der führenden Portale für große deutsche Familienunternehmen: Die Digitalisierung hat sich für viele Unternehmen zu einer echten Herausforderung entwickelt. Hr. Oldiges erläutert die Managementherausforderungen der Digitalen Revolution und wie erfolgreiches Recruiting dennoch gelingt.

Herr Oldiges, Sie haben eine Personalberatung speziell für Top-Familienunternehmen gegründet. Waren Start-Ups nicht interessant genug?

Der Ursprung unseres Unternehmens wurde vor 12 Jahren gelegt. Wir sind in den Anfangsjahren sehr breit gestartet und haben für Unternehmen aller Couleur gearbeitet. Über die Jahre haben wir bemerkt, dass Kandidaten in Familienunternehmen signifikant zufriedener sind. Bei uns hat das im Gegenzug zu einer hohen Job Satisfaktion geführt, so dass wir heute nur noch für Unternehmen arbeiten, für die wir auch selbst gerne arbeiten würden.

Ich stehe im engen Austausch mit der Start-up Szene und habe im letzten Jahr mit 60 Unternehmern rund um Frau Zypris, unserer damaligen Wirtschaftsministerin, auch das Silicon Valley besucht. Wir können eine ganze Menge von dem Spirit und der Power der Start-ups lernen. Aber aller Euphorie zum Trotz: man sollte die Arbeit in den Start-ups auch nicht romantisieren.

Woher stammt Ihre Motivation für den traditionellen Bereich der Familienunternehmen?

Es ist für jeden Mitarbeiter unseres Teams sehr motivierend die Rückmeldung eines vermittelten Kandidaten zu erhalten, die uns für den neuen Job danken und uns bestätigen, dass sich ihr Leben dadurch positiv verändert hat. Durch die Zusammenarbeit mit großen Familienunternehmen konnten wir diese Rückmeldungen für uns deutlich erhöhen. Das spornt an und gibt uns die Bestätigung, dass unser Weg der Richtige ist.

Zudem sind die Familienunternehmen meist exzellent aufgestellt. Sie verfügen über große Kapitalreserven, entwickeln langfristig ein tragfähiges Geschäftsmodell und sind häufig Weltmarktführer in ihrer Branche. Das gibt unseren Kandidaten Sicherheit und Vertrauen in die eigene Zukunft.

Wie wertvoll sind die Top-Familienunternehmen für die deutsche Wirtschaft?

Ich möchte an dieser Stelle keine Klischees befeuern. Selbstverständlich bilden die Familienunternehmen ein wichtiges Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Unsere Kunden strotzen vor Stabilität, sind im Gegensatz zu ihrem Ruf jedoch auch äußerst agil, wenn es um die digitale Transformation geht. Selbstverständlich ist die Veränderung schmerzhaft und verläuft in der Regel nicht ohne Reibung. Während Konzerne aufgrund von Führungswechseln häufiger ins Schlingern geraten, setzen Familienunternehmen ihre Ideen mit mehr Nachdruck um. Das ist eine elementare Tugend; auch in Zeiten der Digitalisierung.

Wenn man die Geschichte der erfolgreichen Internetunternehmen ansieht stellt man schnell fest, dass neben einer guten Idee insbesondere die konsequente und nachhaltige Verfolgung der Umsetzung dazu geführt hat, dass die Unternehmen zu ihrer heutigen Marktstellung kamen. Während Konzerne aufgrund von Führungswechseln häufiger ins Schlingern geraten, setzen Familienunternehmen ihre Ideen mit mehr Nachdruck um. Das ist eine elementare Tugend; auch in Zeiten der Digitalisierung.

Durch die Digitalisierung verändern sich die Märkte drastisch. Neue Produkte, digitale Vertriebs- und Marketingmethoden beeinflussen den Wettbewerb erheblich. Wissen die Konzerne damit umzugehen?

Absolut. Ich führe viele Gespräche mit Geschäftsführern, Gesellschaftern und Beiräten. Die großen Familienunternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, das ist unsere Kundenklientel, haben verstanden, wie digitale Geschäftsmodelle funktionieren. Sie denken in Plattformen, verfügen größtenteils über die notwendige Technologieund konzipieren Lösungen, die das Potential zu exponentiellem Wachstum haben.

Trotzdem ist der Weg zu neuen Produkten und Dienstleistungen dennoch beschwerlich, denn häufig bedeutet die Transformation für die Unternehmen eine Operation am offenen Herzen und verlangt von der Unternehmensführung ein gutes Fingerspritzengefühl für die Bestimmung der Geschwindigkeit und die Konsequenz des Prozesses. Die richtigen Mitarbeiter in den Schlüsselfunktionen sind hier das wesentliche Erfolgsmerkmal und das bringt uns häufig in den Prozess, um bestehende Organisationen zu bewerten oder komplementäre Charaktere zu begeistern und für die Unternehmen zu gewinnen.

Gibt es Branchen denen eine Umstellung besonders schwerfällt?

Unser Bild ist, dass sich jene Branchen langsamer verändern, in denen aktuell Hochkonjunktur herrscht. Die gesamte Organisation ist in dieser Phase damit beschäftigt die Kunden zufrieden zu stellen und weniger damit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Mehr Sorgen mache ich mir um den Mittelstand, also um Unternehmen mit weniger als € 50 Mio. Hier fehlen häufig die finanziellen Mittel und auch die digitale Kompetenz, um Big Data, künstliche Intelligenz und Augmented Reality Ansätze konsequent zu verfolgen, obwohl sich natürlich große Möglichkeiten bieten. Digitale Geschäftsmodelle laufen schlussendlich auf ein „Winner takes it all“ Ansatz hinaus. Dies stellt auch die Start-ups vor große Herausforderungen. Auch wenn ein tragfähiges Geschäftsmodell gefunden wurde, mangelt es in den Folgephasen die Liquidität für die Befeuerung des Wachstums. Hier sehe ich unsere Kunden klar im Vorteil.

Ergebnisreiche Kommunikation und eine effiziente Zusammenarbeit bilden die Eckpfeiler eines erfolgreichen Unternehmens. Durch die Digitalisierung müssen die verschiedenen Arbeitsbereiche heute noch enger interagieren. Schaffen sowas nur noch echte Alleskönner?

Sie sprechen hier eine der größten Herausforderungen an, die wir aktuell am Arbeitsmarkt beobachten. Durch den Reifegrad der neuen Technologien wird der Alltag von uns allen stark beeinflusst. Unsere Kunden benötigen daher Mitarbeiter, die Erfahrungen der „alten Welt“ mit den Möglichkeiten neuer Technologien kognitiv verbinden und gleichzeitig die Transformation mit großer Ruhe, klarem Blick und akzentuierter Kommunikation begleiten.

Sie ahnen schon, wie man dieses Szenario auflösen kann: über hochintegrierte Teams. Das Management wird mit einer immer größeren Komplexität konfrontiert. Dies kann eine Einzelperson mit einem hohen Qualitätsanspruch nicht mehr lösen. Daher helfen wir unseren Kunden heterogene und eng verzahnte Strukturen aufzubauen, die gemeinschaftlich eine Antwort auf die anspruchsvollen Fragen finden.

Welche Anforderungen müssen Führungspersonalien heute erfüllen, damit die Transformation in einem Konzern gelingt?

Die erfolgreichen Führungskräfte sind exzellente Kommunikationsprofis, die sehr transparent gegenüber ihrer Mannschaft agieren und das Team aus der Mitte heraus führen. Das Selbstbild dieser Führungskräfte ist weniger egozentrisch und stellt die Entscheidungs- und Umsetzungsqualität verstärkt in den Vordergrund. Dies verlangt weiterhin ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und insbesondere Kreativität, Empathie und Intelligenz.

Durch die schnelllebigen Technologiewechsel spielt Erfahrung für die Führungskraft eine immer untergeordnete Rolle, sofern ein Teammitglied den Erfahrungsschatz mitbringt. Wir suchen grundsätzlich Menschen, die wissbegierig und widerstandsfähig sind und sich häufigen Richtungswechseln anpassen können.

Neben den Top-Familienunternehmen haben sie sich auf die Bereiche Digitalisierung und Industrie 4.0 spezialisiert. Funktionieren die Werkzeuge der klassischen Personalberatung heute nicht mehr?

Die Digitalisierung macht auch vor unserer Branchen keinen Halt. Auch wir sind gefordert, uns konsequent weiterzuentwickeln, uns neue Technologien zur Steigerung der Kundenzufriedenheit zu Nutze zu machen und an neuen Geschäftsmodellen zu arbeiten.

Aktuell befinden wir uns in einer sehr spannenden Phase, wo mehrere Technologien den Anschein erwecken, einen Teil unserer Arbeit signifikant zu verändern. Aufgrund des fehlenden Reifegrades der Ansätze wären wir jedoch ohne unser angestammtes Geschäftsmodell mit einem reinrassigen Technologieprozess nicht überlebensfähig. Daher tanzen wir derzeit auf beiden Hochzeiten und entwickeln die Methoden und Ansätze mit Hochdruck weiter. Einzelne Erfolge sind dabei sehr beachtlich, aber für uns ist noch nicht absehbar, welche Ansätze sich tatsächlich durchsetzen werden.

Die Tatsache, dass wir uns verstärkt um Industrie 4.0 und Digitalisierung kümmern, ist den Bedarfen unserer Kunden geschuldet. Wir verstehen uns als Problemlöser für alle Recruitingthemen unserer Kunden. In den vergangenen Monaten haben wir einigen namhaften Unternehmen dabei geholfen, eine Digitaleinheit aufzubauen, technologieaffine Geschäftsführer zu suchen oder Kandidaten mit hoher Methodenkompetenz in das Unternehmen zu holen, um neue Geschäftsmodelle zu befeuern.

Wie schaffen Sie es den neuen Bedürfnissen der Unternehmen gerecht zu werden?

Die Kundenerwartungen an uns haben sich im Laufe der vergangenen Monate stark verändert. In der Vergangenheit wurden wir insbesondere aufgrund unserer Eignungsdiagnostik und des guten Netzwerkes in unseren Stammmärkten beauftragt.

Der angespannte Kandidatenmarkt und die nachhaltig große Nachfrage nach digitalen Schlüsselkompetenzen sorgen dafür, dass wir uns immer mehr mit dem Vertrieb und Neuromarketingansätzen auseinandergesetzt haben. Durch neue Methoden und den Technologieeinsatz gelingt es uns, mehr Kandidaten für unsere Auftraggeber zu begeistern und aus einer größeren Auswahl schöpfen zu können.

Im Anschluss erarbeiten wir ein Eignungsprofil auf Basis sogenannter Supraeigenschaften, die den Kandidaten im Rahmen der Transformation besonders hilfreich sind. Diese haben wir im Rahmen einer eigenen Studie und in Abstimmung mit einer Akademie im Silicon Valley erarbeitet.

Viele Unternehmen setzen in der Zukunft auf Künstliche Intelligenz. Welche strukturellen Auswirkungen prognostizieren Sie für die Belegschaft?

Die Idee der künstlichen Intelligenz sowie die Bildung neuronaler Netze ist keine wirklich Neue; nur haben wir durch die Digitalisierung mehr Daten gewonnen, um die Methoden tatsächlich anwenden zu können.

Viele einfache Tätigkeiten werden sicherlich in den kommenden Jahren durch den Einsatz künstlicherIntelligenz ersetzt werden können. Komplexere Fragestellungen erfordern jedoch auch eine Vernetzung der jeweiligen Daten und das umfassende Training der Roboter bzgl. aller Kombinationen. Bis hier eine massive Veränderung der Arbeitswelt eintritt, wird es sicherlich noch etwas Zeit benötigen.

Für die Belegschaft bei uns intern, aber auch auf der Kundenseite, bedeutet dies die Notwendigkeit zur konsequenten persönlichen Weiterbildung. Nur durch einen Wissensvorsprung wird die Belegschaft in der Lage sein, alternative Aufgaben im Unternehmen übernehmen zu können.

Es zeichnet sich bereits heute ab, dass der Aufgabenumfang und der Anspruch an die Aufgabenerfüllung weiter steigt, die reine Abarbeitung von Routineaufgaben jedoch massiv sinkt. Daher prüfen wir in unseren Interviews auch den Umfang und den Inhalt der aktuellen Weiterbildung des jeweiligen Kandidaten sehr detailliert.

Die Digitalisierung betrachten viele Experten als den größten Wandlungsprozess unserer Zeit. Welche Auswirkungen hat die Digitale Revolution auf die Personalberatung?

Unsere Branche wird, wie bereits beschrieben, sich weiterhin radikal wandeln und auch für uns gilt, dass nur die schnellen, anpassungsfähigen Organisationen eine langfristige Perspektive besitzen. Im Wesentlichen geht es in unserem Job zukünftig um die drei Bereiche Reichweite, Begeisterung (Conversion) und Auswahl. Grundsätzlich ist es denkbar, dass ein Roboter eine zuverlässigere Auswahl trifft, als es ein geübter Personaler tun würde. Es stellt sich für mich jedoch die Frage nach der sozialen Akzeptanz.

Mit Sicherheit werden sich die Technologien immer stärker in den Vordergrund spielen. Für uns ist der Einsatz von Algorithmen, Big Data oder auch Robotic-Process-Automation bereits Alltag und als junges, dynamisches Team macht es uns jeden Tag aufs Neue großen Spaß, unsere Dienstleistung ein Stück besser zu machen – für Kunden und Kandidaten.

Die Digitalisierung entwickelt ihre Kraft erst durch das kontinuierliche Testen, Verwerfen oder Übernehmen neuer Ansätze – immer vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Vision. Hier liegt für mich und das Team der Reiz und das spornt uns an.

Tim Oldiges, Geschäftsführer der Headgate GmbH

Diesen Artikel sowie weitere hochkarätige Informationen über Deutschlands TOP Familienunternehmen finden Sie auf www.top-familybusiness.com – ein Unternehmen der matchbird GmbH und Partner von Headgate.

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